GESCHICHTEN UND BILDER EINER ACHTZEHNMONATIGEN REISE UM DEN AFRIKANISCHEN KONTINENT. GETRIEBEN VON NEUGIER, ABENTEUERLUST UND BENZIN.
10 September 2009
Ruanda, August 2009
Je naeher wir der Grenze zu Ruanda kamen, umso schlechter wurde die Strasse, wobei die letzten zwanzig Kilometer zum Grenzuebergang mindestens zur Haelfte aus Schlagloechern bestanden. Dies anderte sich, einmal an der (fuer afrikanische Verhaltnisse sehr gesitteten) Grenze angekommen, schlagartig. Nach Klaerung der Grenzformalitaeten (und etwas Schlange stehen zwischen Lastwagen) konnten nach Ruanda einreisen....und kamen die naechsten 150km nach Kigali in den Genuss brandneuen Asphalts. Es mag komisch erscheinen, dass wir dies hier erwaehnen, doch wenn man Afrikas breites Spektrum an Strassen (oder solchen die es gerne sein moechten) kennt, ist dies doch bemerkenswert! Bereits kurz nach der Grenze fuhren wir ins erste Dorf hinein....und kamen bis nach Kigali nicht mehr daraus heraus! Das Land schien vor lauter Menschen aus allen Naehten zu platzen. Leute fuhren auf Fahrraedern auf der Strasse, andere hockten am Strassenrand, wieder andere (meist Frauen und Kinder) liefen mit Wasserkanistern durch die Doerfer...und wir waeren ja nicht in Afrika, wenn nicht ueberall noch einige Maenner Bier trinken wuerden! Kurz, es waren soviele Menschen, dass wir vor lauter Slalom fahren nicht einmal dazu kamen, Fotos zu machen.
Etwas war anderes...aber was?
Bananen, ueberal Bananen! Gruene Bananen, gelbe Bananen, grosse Bananen und kleine Bananen. Und auch die allgegenwaertigen Wasserkanister (zum Holen des Wassers vom Brunnen) wurden jeweils mit einer (gruenen) Banane verschlossen.
Doch dies allein war es nicht. Im Gegensatz zum Rest von Afrika waren die Strassen hier sauber, hingen keine Plastiksaecke in den Bueschen - diese wurden naemlich zugunsten von Papiertueten verboten - und es rottete auch keine stinkenden Muellhaufen in den Strassengraeben vor sich hin. Entgegen unserer Erwartungen (man bekommt ja von der Presse ein bestimmtes Bild vermittelt) fanden wir hier nicht die erwartete Armut und Zerstoerung vor. Ganz im Gegenteil. Die Strassen waren neu, gesaeumt von neuen Lehm- und Ziegelhaeuser. Verkehrsschilder waren vorhanden...und sogar leserlich. Und immer wieder kontrollierten uns neueingekleidete, freundliche Polizisten auf neuen Motorraedern. Ob die Tatsache, dass sie alle schlank waren etwas ueber ihre Einstellung zu Korruption zu tun hatte, sei dahingestellt.
Alles schien hier sauber und geordent zu sein, einzig die dreckigen, teils zerfetzten Kleider der Menschen liess erahnen, dass vielleicht doch nicht alles so schoen und gut war wie es auf den ersten Blick schien.
Dieser gesittete, saubere Eindruck verstaerkte sich in Kigali noch. Wir fanden eine grosse, scheinbar neugebaute Stadt mit guten Strassen und einem europaeischen Zentrum vor....und ueberall viele grosse, weisse Autos mit grossen Funk-Antennen drauf: UN, UNHCR, USAid, Worldvision, Hungerhilfe, undundund. Daher wehte also der Wind!
Kigali war eine Hochburg der internationalen Hilfsorganisationen geworden: Gute Restaurants, Supermaerkte und allem was man zum (guten, europaeischen) Leben so braucht....was natuerlich auch die Preise auf ein entsprechendes Niveau hob. Fragte man etwa nach einem Hotelzimmer und fand 100$/ Nacht zu teuer, so bekam man zur Antwort "Why? It's very cheap!". Wie die Einheimischen bei den Preisen ueberleben koennen war nur schwierig zu verstehen.
Wir verbrachten trotzdem ein paar Tage in Kigali. Dabei statteten wir auch zwei Genozid-Gedenkstaetten einen Besuch ab. Trotzdem konnten wir ein unangenehmes Gefuehl von Katastrophen-Tourismus nicht ablegen. Doch ginge man nicht hin, waere das wohl ignorant. Also what to do? ...wir gingen trotzdem hin.
Beides waren ehemalige Kirchen. In der ersten sind im April 1994 innerhalb von 48 Stunden 5'000 Tutsis (die dort Zuflucht gesucht hatten) von der Ruandischen Armee und den Interahamwe-Milizen masakriert worden. In der zweiten Kirche wurden ueber 10'000 Menschen ermordet. Die Details wollen wir Euch hier ersparen. In beiden Kirchen waren die Kleider der Opfer auf den Baenken verteilt und deren Habseligkeiten (Schuhe, Kaemme, Loeffel,...) zu grossen Haufen aufgeschichtet. In einer Kirche lagern zudem die Knochen und Schaedel der Opfer im hinteren Teil der Kirche, in der andreren wurden grosse begehbare "Grabkammern" angelegt.
Von Kigali aus fuhren wir ueber und um hunderte von Huegel (wir waren ja schliesslich im Land der tausend Huegel) nach Kibuye, an den Lake Kivu. Dieser bildet die Grenze zum Kongo (DRC). Hier waren wir also auf der anderen Seite dieses grossen Landes, in dessen Strassen wir vor einem halben Jahr herumgewuehlt hatten!
Von Kibuye aus fuhren wir ueber eine holprige Strasse (ja, hierher hatten's die Hilfsgelder noch nicht geschafft!) durch eine huegelige Bilderbuchlandschaft nach Gisenyi, am Nordende des Kivu-Sees. Fuer die 96km benoetigten wir 4 Stunden....waerend denen wir aus dem Staunen nicht mehr herauskamen!
Was erst eine huegelige Insellandschaft war, wurde bald zu Savanne. Kurz darauf fanden wir uns ploetzlich in einer "alpen-aehnlichen" Berglandschaft, komplett mit Kuehen und bevor wir fertig gestaunt hatten, ratterten wir schon durch Teeplantagen...wobei zur Kroenung am Ende in der Ferne noch die Umrisse eines nebelumschleierter Vulkans auftauchten.
Dies war erster, nebliger Blick auf die Virunga-Kette, einer mit sieben Vulkanen gespickten Regenwald-Landschaft, die sich ueber das Dreilaendereck Kongo-Uganda-Ruanda ausbreitet und durch ihre Berggorillas Beruehmtheit erlangt hatte. Da sich die Vulkane lieber im Nebel verstecken sollte uns ein klarer Blick auf diese maechtigen Vulkane jedoch verwehrt bleiben. Doch ein abendlicher Blick ueber die Daecher von Gisenyi auf die in der Nacht gluehende Vulkanspitze entschaedigte uns dafuer.
Die letzten 100km nach Uganda fuehrten uns entlang des Virunga-Kette, durch kleine Doerfer in denen emsig Haeuser gebaut und Ziegel hergestellt wurden...und, wie in ganz Ruanda, waren die Huegel bis bis zuoberst mit Feldern bestellt.
Das Schreiben dieses Blog wurde nicht vereinfacht durch die Tatsache, dass sich draussen (im Zentrum Kampalas) Demonstranten schon seit Stunden eine Strassenschlacht mit der Polizei liefern!
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